Mehmet wurde 1981 in Izmir geboren. Sein Vater war Lehrer, seine Mutter kümmerte sich um den Haushalt. Er wuchs mit einem älteren Bruder und einer jüngeren Schwester auf. Als Kind war er sehr aktiv, spielte am liebsten draußen und entwickelte früh ein großes Interesse an technischen Geräten. Bildung spielte in seiner Familie eine zentrale Rolle – sein Vater betonte oft: „Ihr drei sollt einmal Lehrer werden, das ist der sicherste Weg.“
Tatsächlich schlugen sowohl seine Schwester als auch sein Bruder und schließlich auch Mehmet diesen Weg ein. Doch das Schicksal veränderte die Familie tief: Sein Bruder erkrankte schwer und verstarb in jungen Jahren. Seine sehbehinderte Schwester ließ sich jedoch nicht aufhalten, absolvierte ihr Studium erfolgreich und ging ihren Beruf mit großer Freude nach. Mehmet dagegen entschied sich nach seinem Lehramtsstudium gegen den Schuldienst und wurde Polizist.
Obwohl ihm seine Arbeit als Polizist gefiel, wurde es für ihn zunehmend gefährlicher, in der Türkei zu bleiben. Mehmet kritisierte öffentlich die politische Fehlentwicklung im Land. „Ich konnte nicht schweigen, wenn Unrecht geschieht,“ sagte er oft. Doch dafür musste er mit seiner beruflichen und persönlichen Freiheit bezahlen. Menschen wurden ohne klare Grundlage überwacht, aus dem Staatsdienst entlassen und mit ungerechten Gerichtsverfahren belastet. Auch gegen Mehmet wurden langjährige Verfahren eingeleitet – ohne Aussicht auf Gerechtigkeit oder Rückkehr in seinen Beruf.
Für seine Familie wurde die Lage immer belastender. Ständige Schikanen, soziale Ausgrenzung und Angst prägten den Alltag. Dabei hatten sie einmal ein geregeltes Leben geführt: ein eigenes Zuhause, ein Auto, Verwandte und Freunde in der Nähe. Mehmet wusste jedoch: „Für die Zukunft meiner Kinder muss ich Verantwortung übernehmen.“
So blieb ihm schließlich keine andere Wahl, als mit seiner Familie in ein demokratisches Land zu fliehen – nach Deutschland.
Vor zwei Jahren kamen Mehmet, seine Frau, seine Tochter und sein Sohn nach Deutschland. Der Neustart war schwierig: eine fremde Sprache, eine neue Kultur und viel Bürokratie warteten auf sie. Doch sie waren entschlossen, sich eine stabile Zukunft aufzubauen. Seine Tochter besucht inzwischen die achte Klasse, sein Sohn die dritte. Beide fühlen sich wohl und genießen die friedliche Umgebung.
Mehmet und seine Frau stehen jedoch vor großen Aufgaben: „Ein neues Zuhause finden, die Sprache lernen, Arbeit suchen – das alles kostet Zeit und Kraft,“ sagt Mehmet oft.
Derzeit nehmen die beiden an einem vom Bund geförderten B1-Sprachkurs teil, wofür sie sehr dankbar sind. Ihnen ist bewusst, dass die Sprache der wichtigste Schlüssel zur Integration ist. Deshalb engagieren sie sich zusätzlich ehrenamtlich, um Deutsch im Alltag anzuwenden und gleichzeitig der Gesellschaft etwas zurückzugeben.
Wie sich die Zukunft entwickeln wird, ist offen. Mehmet informiert sich über verschiedene Berufe und Ausbildungsmöglichkeiten. Besonders der Beruf des Zugführers fasziniert ihn, doch auch andere Tätigkeiten kann er sich vorstellen. „Ich möchte einfach einen Job finden, der uns Sicherheit gibt,“ sagt er.
Die größte Herausforderung in Deutschland war für die Familie die Sprachbarriere. Die Bürokratie ist ohnehin komplex, doch ohne ausreichende Sprachkenntnisse wurden selbst grundlegende Dinge zu Hürden: Arztbesuche, Schulgespräche oder das Ausfüllen amtlicher Formulare. Oft waren sie auf Hilfe angewiesen.
Gleichzeitig erhielten sie viel Unterstützung. Beim AMBA+-Projekt lernte Mehmet wichtige gesellschaftliche Regeln, den Aufbau des Sozialstaats, das Schreiben eines Lebenslaufs und erfuhr von beruflichen Möglichkeiten. Auch die Sozialberaterinnen und Sozialberater in den Rathäusern standen der Familie zur Seite. Dafür sind sie sehr dankbar.
Mehmets größter Wunsch ist es nun, dauerhaft in Deutschland anzukommen – für seine Frau, für sich selbst und vor allem für die Zukunft seiner Kinder.

