Vom eigenen Neuanfang zur psychologischen Unterstützung für andere

Ich bin Iryna. Ich bin Kinderpsychologin, Pädagogin – und habe über 20 Jahre im Bereich Kosmetik gearbeitet. Zwei scheinbar unterschiedliche Welten, doch für mich gehören sie zusammen: Denn das innere und äußere Wohlbefinden sind eng miteinander verbunden.
Ich komme aus Dnipro in der Ukraine. Mein Leben war dort fest aufgebaut – beruflich und privat. Doch mit dem Krieg änderte sich alles. Ich habe meine Heimat nicht freiwillig verlassen. Es war eine schmerzhafte, aber notwendige Entscheidung. Die Gefahr, die ständige Unsicherheit – ich konnte nicht länger bleiben. Ich musste Schutz suchen.
Nach meiner Ankunft in Deutschland kam ein weiterer Schicksalsschlag: der Tod meiner Mutter. Diese Zeit war geprägt von Trauer und Stillstand. Ich habe mir damals gesagt: Ich gebe mir ein Jahr. Ein Jahr, um zu trauern, anzukommen, zu verstehen – und um einen Weg in ein neues Leben zu finden.
Heute, ein Jahr später, weiß ich, dass ich meinen Beruf wieder ausüben möchte. Als Psychologin sehe ich mit klarem Blick, wie groß die seelische Belastung für viele Geflüchtete aus der Ukraine ist. Krieg, Flucht, Verlust, Angst, Orientierungslosigkeit – viele Menschen tragen all das in sich. Sie sprechen oft nicht darüber, sie funktionieren einfach weiter. Aber innerlich leiden sie – besonders Frauen und Kinder.
Ich möchte genau diesen Menschen helfen. Sie brauchen nicht nur Sprachkurse oder Arbeitsvermittlungen – sie brauchen emotionale Stabilität. Sie brauchen jemanden, der ihre Sprache spricht, ihre Kultur versteht, ihre Erfahrungen kennt. Und gleichzeitig weiß, wie das Leben in Deutschland funktioniert. Ich möchte eine Brücke sein. Eine Begleiterin in einer Zeit, die zutiefst erschütternd ist.
Für dieses Jahr habe ich mir konkrete Ziele gesetzt:
Ich möchte meinen Integrationskurs (B1) erfolgreich abschließen. Mein Diplom anerkennen lassen. Ein Praktikum im psychologischen Bereich absolvieren. Und Schritt für Schritt wieder als Psychologin arbeiten. Denn ich weiß, dass ich hier in Osnabrück gebraucht werde.
Ich sehe in meiner Arbeit auch eine gesellschaftliche Aufgabe: Ich möchte Menschen helfen, innerlich wirklich anzukommen. Ich möchte besonders Frauen stärken, denn an ihnen hängt oft das emotionale Gleichgewicht der ganzen Familie.
Deutschland ist für mich nicht einfach ein Zufluchtsort, sondern auch eine neue Chance. Es gibt mir die Möglichkeit, nicht nur ein neues Leben für mich aufzubauen, sondern auch anderen dabei zu helfen, hoffnungsvoll zu werden und ihr Leben hier selbst zu gestalten.

Skip to content